Institutsgeschichte

Anmerkungen zur Geschichte des Bochumer Instituts für Theaterwissenschaft

Die Einrichtung des Bochumer Instituts im April 1989 verdankt sich den Interessen von Kolleg*innen in der Fakultät für Philologie, vor allem der Anglistik, für das dramatische Theater. Entscheidend motiviert wurden diese Interessen auch durch das Bochumer Schauspielhaus, das in den siebziger und achtziger Jahren unter Claus Peymann und Peter Zadek zu den wichtigsten und innovativsten Bühnen der alten BRD avancierte. Der Gründer des Instituts, Prof. Dr. Günter Ahrends, verfolgte mit dem neuen Institut das Konzept einer akademischen Ausbildung von Dramaturgen. Es erfolgte die Einrichtung einer theaterwissenschaftlichen Professur, die 1990 mit Prof. Dr. Jürgen Waidelich besetzt wurde. Daneben bestand das Lehrangebot aus Seminaren mit dramenspezifischem Schwerpunkt von Kolleg*innen aller Fächer der Philologie.

Das Institut entwickelte sich in den neunziger Jahren zu einem „Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft“ weiter. Dem Theaterbereich, der bis 1994 von Prof. Waidelich und ab 1995 bis 2022 von Prof. Dr. Guido Hiß vertreten wurde, standen zuletzt drei Film- und Fernsehprofessuren gegenüber. 1996 trennte sich das Institut in eine zunächst teilselbständige Theaterwissenschaft und eine autonome Medienwissenschaft und realisierte damit, was sich seinerzeit an vielen Standorten ähnlich vollzog: Eine mit den darstellenden Künsten befasste Theaterwissenschaft und eine an den technisch reproduzierbaren Massenmedien orientierte Film- und Medienwissenschaft verlangten aufgrund der unterschiedlichen Korpora und Methoden jeweilig nach Selbständigkeit.

Mit der Einrichtung einer zweiten theaterwissenschaftlichen Professur, die von 1999 bis 2016 Prof. Dr. Ulrike Haß innehatte, wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, das Institut in die Selbständigkeit zu führen. Grundlage hierfür war ein durch die Professuren, den lehrintensiven Mittelbau und weitere Lehraufträge garantiertes, stabiles Lehrangebot. Vor dem Hintergrund der 2001 erreichten Unabhängigkeit bemühte sich das Institut zum einen intensiv um den Austausch mit den Theatern und Spielstätten in der Region, zum anderen um eine ständige Erweiterung des Lehrangebots. Durch den Wechsel von Prof. Dr. Monika Woitas von der Musikwissenschaft in die Theaterwissenschaft 2005 konnte der Bereich Tanz und Musiktheater in Geschichte und Gegenwart als Schwerpunkt in Lehre und Forschung konsolidiert werden. Frau Prof. Dr. Woitas wurde 2018 zur außerplanmäßigen Professorin der Fakultät für Philologie ernannt. 2010 wurde Prof. Dr. Sven Lindholm zunächst zum Professor für „Szenische Forschung“ berufen (zunächst als Juniorprofessor, ab 2016 als Universitätsprofessor). Durch die damit gestärkte institutsspezifische Verknüpfung szenisch-künstlerischer Praxis und theoretisch-kritisch orientierter Wissenschaft erfolgte 2012 die Gründung des Masterstudiengangs „Szenische Forschung“. Die Studierenden dieses Master nehmen beobachtend, begleitend und produzierend an den gegenwärtigen Wandlungen der Szenischen Künste teil. Der Studiengang wird von freien Produktionshäusern und städtischen Theatern der Region unterstützt.

Nach der Pensionierung von Prof. Haß wurde eine der beiden planmäßigen Professur ab Herbst 2016 von PD Dr. Jörn Etzold vertreten; 2017 wurde er zum Universitätsprofessor ernannt. Etzold trieb die Vernetzung mit den benachbarten Fächern und mit verschiedenen Kulturinstitutionen der Region voran, so im Graduiertenkolleg „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“ und in Veranstaltungen mit der Ruhrtriennale, dem Ringlokschuppen Ruhr und Urbane Künste Ruhr. Die Nachfolge von Prof. Hiß wurde wiederum 2023 mit Prof. Dr. Dorota Sajewska besetzt, was die internationale Vernetzung des Institutes sowie den Schwerpunkt auf Performance Studies und Kulturwissenschaft weiter ausbaute und stärkte. Ebenso 2023 wurde das Institut mit Jr.-Prof. Dr. Leon Gabriel um eine Juniorprofessur für Transnationales Theater noch einmal erweitert.

Die Bachelor- und Masterstudiengänge „Theaterwissenschaft“ bieten den Studierenden ein an gegenwärtigen ästhetischen, politischen und gesellschaftlichen Fragen ausgerichtetes Studium aus internationaler Perspektive; dabei ist die Verortung des Instituts in einer ehemaligen Bergbau- und Industrieregion von großer Bedeutung für die kritische Befragung der Rolle der darstellenden und performativen Künste in Transformationsprozessen. Der Bachelor „Theaterwissenschaft“ qualifiziert unter anderem für Tätigkeiten in der Dramaturgie oder an anderen Kulturinstitutionen; der Master „Theaterwissenschaft“ darüber hinaus insbesondere für Leitungspositionen oder eine wissenschaftliche Laufbahn. 

Wichtige Kooperationspartner des Instituts für Theaterwissenschaft sind unter anderem das FFT Düsseldorf, PACT Zollverein Essen, der Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr, das Tanzhaus NRW Düsseldorf, die Ruhrtriennale sowie die Schauspielhäuser Bochum und Dortmund. Seit 2015 finanziert die Kunststiftung NRW die Christoph-Schlingensief-Gastprofessur für Szenische Forschung, die jährlich an international renommierte Künstlerinnen, Künstler und Kollektive vergeben wird.

Auf der Ebene der Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen sowohl in der Promotions- als auch in der Postdoc-Phase konnte der Mittelbau des Instituts in den letzten Jahren sukzessive erweitert werden. Mit Prof. Dr. Burkhard Niederhoff, der als Anglist ein Drittel seines Lehrdeputats einbringt, verfügt das Bochumer Institut für Theaterwissenschaft zur Zeit insgesamt über sechs in allen Bereichen prüfungsberechtigte Institutsangehörige.